Persönliche Eindrücke aus Surinam


In den vergangenen zehn Jahren war ich bislang fünf Mal in Surinam und verbrachte dort etwa drei Monate insgesamt.
Das christliche Leben ist im Stadtbild der Hauptstadt Paramaribo gut sichtbar. Jeder Besucher ist verzaubert von der Schönheit der Kirchengebäude. So ist die katholische Kathedrale das grösste und prächtigste Holzbauwerk der Region. Vor einigen Jahren wurde sie komplett restauriert und erstrahlt nun wieder in vollem Glanz. Mich beeindruckt vor allem die Fensterkonstruktion des Gebäudes. Man sitzt in der Kathedrale immer sehr luftig, auch bei den üblichen Temperaturen von über 30 Grad und oft einer Luftfeuchtigkeit von über 90%. Die Fenster der Kathedrale können gedreht werden und so wird die Luft in der Kirche ventiliert und es gibt einen erfrischenden Durchzug. Die katholische Kirche ist fest verankert im Alltagsleben und sehr gastfrei. Der Festgottesdienst anlässlich des Tages der Marrons, das sind die ehemaligen Sklaven, die von den Plantagen geflüchtet sind und sich dann in den Wäldern niederliessen und dort ein neues Leben in der Wildnis begannen, wurde zum Beispiel dort auch gefeiert.
Mitten in der Innenstadt liegt die Kirche der Herrnhuter, selber nennen sie sich evangelische Brudergemeinde. Alle Mitglieder werden auch mit Schwester und Bruder angesprochen. Draussen beim Aushang hing ein einladendes Schild: «heute Powerhour, willkommen zu Gesang und Gebet». Es war ein normaler Wochentag.
Ich dachte mir eine Powerhour kann nie schaden und da gehe ich dann mal hin. Als ich ankam, war die Kirche schon unglaublich voll und eine Band spielte. Sicher dreihundert Besucher sangen schon begeistert und wiegten sich im Rhythmus der Musik. Es war erfrischend, nach einer Stunde wurde ich allerdings etwas unruhig, denn ein Ende war absolut nicht in Sicht. Nach drei Stunden und zehn Minuten war es vorbei. Bei einer anderen kirchlichen Veranstaltung kam ich mit einer deutschen Dame ins Gespräch, die bei den Herrnhutern auch Besuch war. Sie fragte, ob ich Sütterlin lesen könnte. Ich bejahte das, unter dem Hinweis, dass es aber mehr ein langsames Buchstabieren sei. Sie sagte, dass mache nichts, und ob ich nicht Dienstag und Donnerstag am Vormittag zum Sütterlin-Lesekreis kommen möge. Neugierig ging ich dorthin und kam aus dem Staunen nicht heraus. Dort sassen sechs Personen und transkribierten alte Tagebücher von Plantageneigentümern, die aus Deutschland stammten und ihre Erlebnisse auf den Plantagen auf Deutsch aufgeschrieben hatten. Wir kämpften uns durch die Handschriften, transkribierten es und übersetzten es. Der Schriftstil hatte sich im Laufe der Jahrzehnte auch noch geändert und es war sehr hilfreich einige Tabellen zum Nachschauen zu haben. Die Berichte waren eindrucksvoll. Man fühlte die Angst der Plantagenherren vor Aufständen und Brandstiftungen. Man las, wie Sklaven mit aller Macht zum Katechismus Unterricht geschickt wurden und man las, wie beschwerlich die Reise per Boot bis Paramaribo war. Nur getaufte Sklaven durften freigelassen werden, daher musste erst aufwendig den Sklaven eine Sprache beigebracht werden und dann folgte der Unterricht. Eventuell folgte dann die Taufe und für einige wenige auch die Freilassung.
Mich selber rührte es bei den Herrnhutern täglich die Tageslosung mit Kreide auf eine Schultafel geschrieben am Hauseingang zu sehen.
Selber gehe ich immer in die Martin Lutherkirche. Das ist eine schlichte Holzkirche gegenüber dem grossen Markte, auf dem es auch die erstaunlichsten Produkte aus dem Binnenland gibt. Die Kirche besitzt eine hervorragende Orgel des Orgelbauers Bätz aus Holland und wurde aus Tropenholz für diese Kirche Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut. Gerade im November 2017 wurde sie total renoviert und erklingt nun wieder in ihrer vollen Fülle. Die Martin Luther Gemeinde feiert am Sonntag und am Mittwoch Gottesdienst.
Bummelt man weiter durch die Stadt, so wird man gegenüber der Hauptpost noch die wunderschöne runde protestantische Kirche entdecken. Vom Hören Sagen weiss ich auch noch von einigen freikirchlichen Gemeinden, die in den letzten Jahren aus Amerika kommend, neue Mitglieder geworben haben.
In der Altstadt sieht man auch noch die Moschee neben der Synagoge stehen. Die jüdische Gemeinschaft ist seit 1640 im Lande und inzwischen auch wieder sehr aktiv.
Hinduisten gibt es auch viele und so wird jedes Jahr ein grosses Lichterfest gefeiert und die bunten Tempelchen stehen überall durch das Land verteilt. Nach Abschaffung der Sklaverei im Jahr 1863 und den folgenden 10 Jahren der Vertragsarbeit, die die nun freien ehemaligen Sklaven noch verrichten mussten, kamen viele Chinesen in das Land. So ist auch die Lehre von Konfuzius verbreitet.
Die afrikanische Bevölkerung hat darüber hinaus auch noch ihre Naturreligionen bewahrt. Die Menschen in Surinam sind ein buntes Volk und so vielfältig ist auch das Religions- und Spiritualitätsangebot. Die Religionen sind im Kontakt zu einander und die Begegnungen sind vielfältig.

Gottes Schöpfung ist sehr gut. Das für den Frauenweltgebetstag gewählte Motto ist sehr passend. Natur und Menschen sind in Surinam ein wunderbares Abbild der Vielfalt der göttlichen Schöpfung. 

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